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Ausstellung "DRESDEN" am 14.1.2010 in der Galerie im 2. Stock im Dresdner Rathaus
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
dies ist wahrlich nicht das erste Mal, dass Dresdener Künstler sich mit ihren Werken in einer Ausstelllung versammeln, deren Thema die Stadt Dresden selbst ist. Das besondere aber an dieser wunderbaren kleinen Schau ist, dass es sich um die vierte und letzte Ausstellung einer vom Künstlerbund Dresden organisierten Reihe handelt, deren Themen sich über das Leben, das Wohnen und das Arbeiten in dieser Stadt - bis hin zur Betrachtung des Phänomens Dresden selbst erstreckt haben. Eine Ausstellungsfolge also, die suggeriert, dass „DRESDEN“ gleichsam den Kulminationspunkt aller Daseinsformen des „In - dieser Stadt - Seins“ darstellt. Und schon sind wir beim Kern der Frage angekommen, die die Bürger dieser Stadt seit wenigstens 250 Jahren bewegt, und die sich all jene in dieser Ausstellung versammelten Künstler - hier für uns offensichtlich - immer wieder stellen: Was ist es, das DRESDEN zu einem Phänomen macht, ein Begriff, der weit über die Bezeichnung einer Stadt hinaus geht, zu einer Lebenshaltung, einer Daseinsform, womöglich einem Bekenntnis ? Was ist es, das DRESDEN zum Mythos macht – um einen vor Jahren in einer Ausstellung des Hygienemuseums Dresden reflektierten Begriff für diese Stadt zu verwenden? Und mehr noch – was ist es, das in dieser Stadt so polarisiert, dass so erbitterte Grabenkämpfe zwischen Verfechtern unterschiedlicher Positionen zu dieser Stadt aufkommen lässt, dass viele Bewohner Dresdens in einer Hass – Liebe zu ihrer Stadt verharren lässt ?
Nährte sich der Mythos Dresden einstmals aus der Schönheit und dem Glanz dieser Stadt im Elbtal, der sich gleichsam in jeder Epoche, die die vorangegangene zu überbieten versuchte, erneuerte, so brachte die erschütternde Zerstörung Dresdens gleichsam eine Wendung in der Wahrnehmung. Fortan bestand der Mythos DRESDEN zu einem wesentlichen Teil in der Erinnerung an die zerstörte Stadt, die Blickrichtung auf Dresden hatte sich nach rückwärts gewandt. Zugleich war und ist Dresden natürlich viel mehr als die sichtbare Kunstmetropole mit ihren verlorenen und wiederaufgebauten Monumenten, zurückgekehrten Sammlungen, lebendigen Stadtteilen und pittoresken Vororten. Dresden ist vielmehr noch immer oder auch auf ganz neue Art eine Lebenshaltung, eine Positionsbestimmung, die so oder so ausgeprägt oder eingefärbt sein kann. Nicht zwingend ist die Sichtweise auf Dresden von Bewunderung oder Wohlwollen geprägt, gleichberechtigt treten daneben kritische, hinterfragende, resignierende oder zynische Haltungen. Wenn ihre Einwohner viele unterschiedliche, auch gegensätzliche Blickwinkel auf ihre Stadt haben, kann das für ein Gemeinwesen ein großer Gewinn sein – und dies, so scheint mir, gilt ganz besonders für Dresden.
Genau damit haben wir es in unserer Ausstellung zu tun: Wir sehen Dresden „von Innen“, etwa in den subtilen Stadtansichten von Elke Heber oder dem Porträt des Malers Siegfried Klotz von Mandy Friedrich; Dresden „von Außen“, zum Beispiel in den distanzierenden fotografischen Stadtansichten Michael Melerskis, Dresden „von Oben“, beispielsweise in dem überraschenden Blick auf das Gelände des TU –Campus von Jörn Diederichs , oder Dresden sozusagen „von Schräg unten“ in dem poetisch- verspielten Pflaumentoffel-Triptychon von Richard Mansfeld, und wir finden Blickrichtungen aus der Stadt nach Draußen, etwa in den Gemälden von Gerd Küchler oder den filigranen Zeichnungen von Markus Tepe. Jede Sichtweise offenbart eine andere subjektive Position gegenüber dem Phänomen DRESDEN ...
... Die Malerin und Graphikerin Andrea Türke besticht auch in dieser Schau durch ihre Stadt – Teil – Ansichten, frische, an Albert Wigand erinnernde Lithografien von Pieschen oder aus der Dresdener Altstadt. Dabei wird einmal mehr ihr Sinn für pittoreske Situationen und überraschende Motive deutlich. Ihre Dresden- Ansicht vom Pieschener Elbufer aus hat das Zeug zu einem wirklichen Dresden-Bekenntnis.
Eine sehr poetische Annäherung an Dresden erfährt der Betrachter auch in den Gemälden Elke Hebers. In ihrem sogenannten „Großen Rasenstück“ – die Anspielung auf Albrecht Dürer bitte ich nicht zu übersehen – lässt sie die berühmte Dresden-Silhouette von dichtem Rasen überwuchern, der jedoch die schon leicht ins Wanken geratenen Wahrzeichen der Stadt nicht zerstört, sondern eher abschirmt. Der „Dresdener Hecht“, ein weiteres Pieschen-Gemälde, setzt diesem Stadtteil und den alten Dresdener Straßenbahnen ein ähnliches Denkmal wie den Baudenkmalen im Zentrum.
Michaela Egdmann, die in Dresden bei Arnd Wittig Plastik studierte, nähert sich in ihren Arbeiten auf Papier den berühmten Monumenten der Stadt gleichfalls in ungewöhnlicher, fast spielerischer Weise: Die Bauwerke scheinen ihrer Erdenschwere enthoben und vom Boden losgelöst im Raum zu schweben. ...
Uta Neidhardt 14.01.2010
Auszüge aus der Rede von Uta Neidhardt zur Ausstellungseröffnung: "Dresden" am 14.1.2010 in der Galerie im 2. Stock im Dresdner Rathaus
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